Türkisches Unternehmen - Lieferdienst Getir zieht sich aus Deutschland zurück

Mo 29.04.24 | 16:46 Uhr
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Symbolbild:Ein Lieferfahrer des türkischen Lieferdienstes „Getir“ fährt mit seinem Fahrrad durch die Haupstadt.(Quelle:picture alliance/dpa/M.Kappeler)
Audio: rbb24 Inforadio | 29.04.2024 | Anna Corves | Bild: picture alliance/dpa/M.Kappeler

Der Lieferdienst Getir zieht sich aus Deutschland zurück, damit verschwindet auch der Anbieter Gorillas vom deutschen Markt. Offiziell äußert sich der Konzern zur Zukunft der Jobs nicht - Teilnehmer einer Telefonkonferenz berichten aber wenig Hoffnungsvolles.

  • Getir verlässt Deutschland, die Niederlande, Großbritannien und die USA
  • Dank an die Mitarbeiter für "harte Arbeit"
  • keine offiziellen Angaben zur Zukunft der Jobs - aber wohl 1.300 Stellen in Deutschland betroffen
  • im Sommer 2023 schon Rückzug aus Portugal, Spanien und Italien
  • Getir war mal zwölf Milliarden Dollar wert

Der türkische Lebensmittel-Bringdienst Getir zieht sich vom deutschen Markt komplett zurück. "Das Unternehmen wird sich auf seinen Kernmarkt in der Türkei konzentrieren, wo es das größte Potenzial für langfristiges, nachhaltiges Wachstum sieht", teilte Getir am Montag mit.

Der Anbieter gibt auch sein Geschäft in Großbritannien, den Niederlanden und den USA auf. Mit einer neuen Finanzierungsrunde wolle Getir nun seine Marktposition in der Türkei ausbauen, hieß es weiter. Lediglich sieben Prozent des Gesamtumsatzes seien in Ländern außerhalb der Türkei erbracht worden.

1.300 Jobs in Deutschland weg?

Das Unternehmen dankte am Montag allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren "Einsatz und harte Arbeit". Wie viele von ihnen aufgrund der Neuausrichtung ihre Arbeit verlieren, wurde zunächst nicht offiziell bekannt.

Unmittelbar zuvor hatte Getir bei einer internen Telefonkonferenz Entlassungen in großem Stil angekündigt, sagte ein Teilnehmer dieser Veranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters. In Deutschland seien demnach zwischen 1.200 und 1.300 Personen betroffen.

Bereits in der vergangenen Woche gab es Medienberichte, wonach Getir vom deutschen Markt verschwinden werde. Im umkämpften sogenannten Quick-Commerce-Geschäft, also dem Liefern von Supermarktprodukten innerhalb weniger Minuten, hatte Getir Ende 2022 den angeschlagenen Konkurrenten Gorillas in Deutschland übernommen.

"Konzentration auf deutschen Markt" nur kurzes Strohfeuer

Im Sommer 2023 verkündete das Unternehmen dann den Rückzug aus Spanien, Portugal und Italien. Wenige Wochen später strich Getir Tausende Stellen. Damals hieß es, das Unternehmen wolle das Geschäft in Europa vor allem auf Deutschland konzentrieren.

Der Markt gilt vor allem aufgrund der geringen Marge als hart umkämpft. In der Corona-Pandemie boomte dieses Geschäft, vor allem junge Menschen in Großstädten nutzten die neuen Liefermöglichkeiten. Danach ging das Interesse spürbar zurück.

Die zeitweise mit zwölf Milliarden Dollar bewertete Firma hatte daher im vergangenen Sommer 2.500 der weltweit 23.000 Stellen gestrichen. Zeitweise war auch über eine Fusion von Getir mit dem deutschen Rivalen Flink spekuliert worden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.04.24, 14:30 uhr

41 Kommentare

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  1. 41.

    Welche "politischen Winde" vermuten Sie denn dahinter, dass sich Getir aus Portugal, Spanien, Italien, Niederlande, Großbritannien, USA und Deutschland zurückzieht bzw. schon gezogen hat? Eine transatlantische Verschwörung gegen diese Firma, Herr/Frau "Staatsmedium"?

  2. 40.

    Merkwürdig finde ich die Meinung der Bärin nicht. Es ist ein kleiner persönlicher Blickwinkel den sie freigegeben hat. Lieferdienste sind sehr wichtig für viele. Sie schreibt ehrlich warum.

  3. 39.

    Bei uns klappt das wirklich gut. Da ist im Lauf der Dinge ein kleines feines Netzwerk entstanden.

  4. 38.

    Man kann auf die Idee kommen , das es Winde in der Politik gab , die einfach die Aufgabe wollten.

  5. 37.

    Ich finde es merkwürdig das sie sich genötigt fühlen zu Begründen warum sie dies und jenes (was sie auch noch selbst bezahlen) in Anspruch nehmen.
    In Deutschland .... habe ich den Eindruck... man muss ständig klarstellen "ich bin nicht böse, ich habe einen Grund ein Angebot zu nutzen"
    Man muss sich nicht schämen weil man Getir, Lieferando oder was auch immer nutzt... auch nicht wenn man keine Lust hat bei Regen zum Laden zu laufen.

  6. 36.

    Wo können jetzt die Räder billig gekauft werden?

  7. 35.

    Dass das eine Übel ein noch größeres rechtfertigte, war immer schon die Geburtsstunde des Fatalismus.

    "Etwas ruhiger" wird es gewiss zugehen auf den Gehwegen, wenngleich auch nicht abrupt in Richtung vollkommener Ruhe. Das wäre illusorisch. Noch sind immer noch zu viele Teilhabende an derlei windigen Geschäftspraktiken mit im Spiel - bis hin zu einschlägigen WGs, die sehr wohl imstande sind zu rechnen, aber die geringe Preisdifferenz zwischen Abholfpreis und Bringepreis für völlig normal und vertretbar halten.

    Ist ja schließlich zu eigenen Gunsten. ;-

    (Solche Geschäftsmodelle atmen den Geist des frühen Manchester.)

  8. 34.

    Dem Kommentar kann ich nur voll und ganz zustimmen.

  9. 33.

    Ein nachbarschaftliches Netzwerk kenne ich nur noch aus meiner Kindheit! Angehörige wohnen schon lange nicht mehr in Berlin, Freundschaften sind auch alt/krank und jüngere Menschen (30 - 55) in meinem Umfeld. haben genug mit sich selbst zu tun. Streß durch Beruf und Familie... Zur Last fallen möchte man auch nicht. Also behilft man sich mit Lieferdiensten, Taxen und nimmt die Pflegeversicherung in Anspruch. Das soll aber bitte nicht als Jammern interpretiert werden, mehr als Erklärung.

  10. 32.

    Interessantes Konzept.
    Ich bin in Berlin geboren, aufgewachsen und schon öfter umgezogen. Aber ein solches Netzwerk wie von Ihnen beschrieben hab ich noch nie erlebt.
    Man grüßt sich, evt. ein wenig Small-Talk, nimmt mal ein Paket an und das war es dann auch. Das ist die sog. "Berliner Nachbarschaft".

    Im Familienkreis, so denn einer vorhanden ist, kann das natürlich anders aussehen.

  11. 31.

    Haben Sie versucht, mit Ihrem nachbarschaftlichen Netzwerk, so Sie hoffentlich eines haben, oder evtl familiär Hilfe in Sachen Einkaufen o. Ä. zu erhalten? Wir mit den älteren Menschen in unserer Hausgemeinschaft gut vernetzt und bei Bedarf wird gerne geholfen. So muss niemand irgendwelche Lieferdiienste, nicht mal die der Discounterketten, in Anspruch nehmen.

  12. 30.

    Da muss die BVG mal durchgreifen und zwar konsequent. Die haben nix in Tram, U- und S-Bahn verloren. Der Markt wird es zurechtrücken und ich hoffe, dass dieser Schwachsinn mal irgendwann aufhört und die Leute es wieder mit Bewegung zum Essen hin probieren.

  13. 29.

    Wundert es jemanden, wenn ein athener Eulenimporteur pleite geht?
    Leute, der Lieferantenmarkt in Deutschland ist ÜBERSÄTTIGT.
    Für die Angestellten dieses Dienstes (der einen in Deutschland echt albernen Namen hat - ich würde nicht mal ein Zoogeschäft so nennen) mag das bitter sein, doch der Kapitalismus hat halt nicht nur Vorteile.
    Ich würde mich nur ungern in einer modischen Branche wie Essenszustellung, E-Roller-Verleih, Solaranlagen- oder Wärmepumpeninstallation bewerben. Das stünde mir alles auf zu wackeligen Füßen.

  14. 28.

    Man sollte sich aber schon kundig machen, wie ein Wort - und sei es der eigene Firmenname - in einer Gegend klingt, die man geschäftsmäßig erobern möchte.

    Ich habe mir jedenfalls keine Lebensmittel liefern lassen von "Getier".

  15. 27.

    Also ich bin, was alle Lieferdienste angeht, zwiegespalten. Bin mehr als froh, dass es sie gibt und war z. B. Auch mit Getir sehr zufrieden. Alleinstehend, alt und schwer erkrankt bin ich, da ich kaum noch alleine etwas einkaufen kann, auf Hilfe angewiesen. Andererseits finde ich, dass die Angestellten unter diesen Streßbedingungen, viel zu wenig verdienen. Das bezieht sich nach meinem Empfinden auf alle Lieferdienste.

  16. 26.

    Gezockt, Konkurrenz geschluckt oder verdrängt, Erwartungen nicht erfüllt, Miese gemacht, Verzockt ... Signa-Syndrom?
    Da werden noch Weitere folgen.

  17. 25.

    Getir ist nicht Lieferando.
    Getir liefert Lebensmittel…. Kochen muss man dann selber.

  18. 24.

    Der "Berliner" bedauert doch offenbar, dass sich der Wirtschaftsriese Getir nun komplett aus Deutschland zurückzieht und macht dafür diese Links-Grünen verantwortlich, die, wie man ja als gut informierter Bürger weiss, Deutschland in den wirtschaftlichen Ruin treiben wollen.

  19. 23.

    "Tschüß und danke, dass es auf den Gehwegen wieder etwas ruhiger wird."
    Noch sind da aber die Wolt-Fahrer, die sich auch gern mit fettem Elektrorad und ihrer dicken Rucksacktasche noch in die vollste U-Bahn quetschen...

  20. 22.

    Wie kein anderes Gewerbe, ist das Dienstleistungsgeschäft ein Thermometer des Wohlstands. Für viele Leute, die auch weniger verdienen, ist es auch immer ein kleiner Ersatz für das Selbstwertgefühl. „Ich gönne mir mal was …“ Wenn die Börse allerdings immer schmaler wird, schlägt logischerweise der Pragmatismus zu. „ Das brauche ich jetzt wirklich nicht..“

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